Unverzichtbar für das Ökosystem: Die intelligenten Rabenvögel

Der Frühlingsgesang der meisten Vögel lässt noch auf sich warten, doch eine Gruppe von Singvögeln macht sich auch im Winter lautstark bemerkbar: Krähen, Elstern, Eichelhäher, Dohlen oder auch Kolkraben sind in der kalten Jahreszeit mit ihren krächzenden, rätschenden oder schackernden Rufen allgegenwärtig.

 

Dazu treten die Rabenvögel im Winterhalbjahr oft in Gruppen auf oder fliegen in Schwärmen am Himmel. Im Mittelalter galten die großen Vögel im dunklen Federkleid als Unheilbringer, heute bewundern Vogelkenner ihre Intelligenz.

 

„Zurzeit lassen sie sich in Berlin und im ländlichen Brandenburg sehr gut beobachten: Die schwarzgrauen Nebelkrähen und die schwarzweißen Elstern schreiten oder hüpfen über kurzrasige Flächen und suchen mit ihrem scharfen, spitzen Schnabel nach Futter im Boden“, sagt Dr. Hannes Petrischak, Leiter des Geschäftsbereichs Naturschutz bei der Heinz Sielmann Stiftung und ergänzt: „In der Stadt räumen sie auch gern Mülleimer aus, denn sie sind Allesfresser.“

 

Rabenvögel ernähren sich unter anderem von Insektenlarven, Spinnen, Ratten und Mäusen, auch kleinen Amphibien sowie toten Tieren. Pflanzliche Nahrung wie Nüsse, Getreide und Früchte schmeckt ihnen ebenfalls. Auf den Feldern sieht man im Winter vermehrt auch Saatkrähen nach Nahrung picken. Sie ziehen im Herbst aus Nord- und Osteuropa in unsere Breiten. Ebenso kann man im Winter manchmal eine invasionsartige Zunahme der Eichelhäher feststellen, die sich einen Vorrat von Eicheln, Bucheckern und anderen Sämereien anlegen. Auch diese bunten Vögel, bekannt als Wächter des Waldes, gehören zu den Rabenvögeln.

 

Eichelhäher (Foto: Hannes Petrischak)

Eichelhäher (Foto: Hannes Petrischak)

Saatkrähe (Foto: Hannes Petrischak)

Saatkrähe (Foto: Hannes Petrischak)

 

Selten bis stark gefährdet

 

Der größte Rabenvogel ist der Kolkrabe. Mit 54 bis 67 Zentimetern Länge und einer Flügelspannweite von bis zu 130 Zentimetern ist er größer als ein Mäusebussard. Er war in den 1940er Jahren durch Bejagung in Deutschland und Mitteleuropa fast ausgerottet und ist noch heute in Deutschland ein eher seltener Vogel. Biologe Petrischak weist darauf hin, dass der Bestand sich aber erholt: „In Brandenburg gilt er längst nicht mehr als gefährdet, sondern ist weit verbreitet. Bei Wanderungen in Sielmanns Naturlandschaften ist sein tiefes Kroo kroo des Öfteren zu hören. Sogar mitten in Berlin brüten Kolkraben. In den Stadtparks sind sie auch am wenigsten scheu, weil sie mit der ständigen Gegenwart von Menschen sehr vertraut sind.“

 

In vielen Regionen zur Brutzeit kaum noch zu finden ist inzwischen die Dohle, früher häufige Kirchturm- oder Schornsteinbewohnerin. In Berlin und Brandenburg gilt der kleine schwarze Rabenvogel mit grauem Hinterkopf laut Roter Liste als stark gefährdet. Die Nistmöglichkeiten für den intelligenten Vogel haben sich massiv verringert, denn die meisten alten Gemäuer wurden saniert oder verschlossen. Nur als Wintergäste kommen Dohlen gemeinsam mit Saatkrähen zahlreich in unsere Region.

 

Unverzichtbar fürs Ökosystem

 

Als Alles- und Aasfresser helfen Rabenvögel, Feld, Wiese und Wald sowie zunehmend auch die Städte aufzuräumen. Der Kolkrabe und die Rabenkrähe sind gewissermaßen die Geier unserer Breiten. Wo sich am Himmel zum Beispiel eine Schar von Kolkraben zusammenfindet, kann ein totes Tier am Boden liegen, das die großen Vögel entdeckt haben. Sie sind sehr gründlich und beseitigen auch die kleinen Reste von toten Tieren, die größere Aasfresser wie Wolf und Fuchs übriglassen. Diese Nähe zum Tod und ihr schwarzes Gefieder hat den Rabenvögeln in vergangenen Jahrhunderten die Schmähung als Unheilbringer eingebracht. Die Rabenvögel sind als Gesundheitspolizei für das ökologische System unverzichtbar.

 

Dohle (Foto: Hannes Petrischak)Dohle (Foto: Hannes Petrischak)

Elster (Foto: Hannes Petrischak)

Elster (Foto: Hannes Petrischak)

 

Intelligenz und Abstraktionsvermögen

 

Forscher, die Rabenvögel über viele Jahre beobachten, sind immer wieder von ihrer Intelligenz überrascht. Kolkraben erkennen Gesichter wieder von Menschen, die ihnen etwas angetan haben und geben dieses Wissen auch an Artgenossen weiter.

 

Krähen sammeln und vergraben im Herbst Walnüsse einzeln an diversen Plätzen als Vorrat im Boden. Fühlen sie sich dabei beobachtet, holen sie sie wieder hervor und verstecken sie an einem anderen Ort. Die Nüsse helfen ihnen über den Winter, sie finden jede Walnuss wieder, selbst unter der Schneedecke. Um die Nüsse zu öffnen, lassen sie sie aus großer Höhe auf harten Untergrund fallen. In Städten gibt es auch die Beobachtung, dass sie ihre Nuss an roter Ampel auf die Fahrspur der Autos legen und warten, bis die Nuss durchs Überfahren geknackt ist.

 

Der Eichelhäher sammelt, wie es der Name sagt, unter anderem gern Eicheln und legt sich ebenfalls in Verstecken einen Vorrat an. Aber sein Gedächtnis für die Verstecke lässt ihn manchmal im Stich. Manche Eicheln bleiben im Boden und beginnen zu keimen und zu wachsen. So tragen die Eichelhäher mit ihrem Nahrungsverhalten zur Naturverjüngung des Waldes bei.

 

Stimmkünstler

 

Krähen sind sehr gut im Imitieren von Lauten oder Stimmen so wie andere Rabenvögel auch. Der Eichelhäher zum Beispiel ahmt Laute anderer Vögel nach. Bussard- oder Spechtrufe gehören zu seinem Repertoire. Aber auch einfache Klingeltöne eines Mobiltelefons imitiert er und verwirrt damit Menschen in der Stadt. „Der beste Stimmenimitator unter den Rabenvögeln ist der Kolkrabe. Die großen Vögel sind sogar in der Lage, Wörter oder Sätze nachzusprechen, wenn man sie ihnen lange genug vorspricht“, berichtet Hannes Petrischak, der in seinem Buch „Gartensafari“ den Rabenvögeln ein Kapitel gewidmet hat.

 

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Veröffentlichung

Dallgow-Döberitz
Fr, 27. Januar 2023

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